Oft bewahrten die Scherenschleifern im Inneren der krösme Heiligen- und Andachtsbilder auf, die ihren tiefen Glauben an den Herrn, die Heilige Jungfrau und die Heiligen bezeugten. Dieser Glaube begleitete sie auch auf ihren Reisen, auf denen sie immer wieder mit Unbekanntem und verschiedenen Gefahren, wie etwa Raubüberfällen, konfrontiert waren. Aus den kanonischen Büchern der Pieve di Santa Maria Assunta in Resia erfährt man, dass während dieser Reisen die häufigsten Ursachen für Todesfälle widrige Wetterbedingungen, die Überquerung der Alpenpässe und die Furten bei Wasserläufen waren. Aus den Sterbeorten lassen sich mit großer Genauigkeit auch die Wanderbewegungen erschließen. Folglich trafen die Scherenschleifer während ihrer Reisen und Geschäftstätigkeiten oft auf alle möglichen Gefahren. Als Zeichen der Dankbarkeit schenkten einige bei ihrer Rückkehr der Kirche des eigenen Dorfes Kirchengeräte und sakrale Kunstobjekte, die die zwölf Kirchen des Val Resia noch immer aufbewahren.
Die Geldsendungen der Scherenschleifer
Die Schenkungen von kirchlichen Geräten und Ausstattungen an die Kirchen des Resiatals
Dabei handelt es sich vorwiegend um freiwillige oder von Priestern erwirkte Schenkungen von silbernen Kirchengerätschaften (Reliquarien, Messgeschirr, Kerzenleuchtern, Kelchen, Monstranzen, und Kreuzen), liturgischen Paramenten, Statuen und Gemälden.
Diese Objekte, die auch heute noch Teil der Kirchenausstattung sind, bezeugen die Großzügigkeit dieser Menschen und es ist kein Zufall, dass die meisten dieser Werke chronologisch in den Zeitraum zwischen dem Ende des 18. Jahrhunderts und die Mitte des 20. Jahrhunderts fallen, als diese traditionelle und kollektive Praxis auf ihrem Höhepunkt angelangt war. Die Verschiedenheit der Objekte hinsichtlich Qualität und Wert spiegeln die unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten der Spender wider, die oft auf diesen ihre Initialen eingravieren ließen.
Das Fehlen derselben schließt nicht aus, dass es sich um einen Ankauf handelt, der dank einer Kollekte unter Scherenschleifern zustande kam. Das Vorhandensein von Einträgen auf diesen Artefakten identifiziert oft die Personen, die sie schenkten und können wertvolle Hinweise über sie geben bzw. wo sie sich während ihrer Reisen aufhielten. Die materiellen Zeugnisse, die die Kirchen aufbewahren, liefern, außer den Informationen über die persönliche Frömmigkeit der Scherenschleifer und die der Zeit, in der sie lebten, Hinweise auf ihren Geschmack und ihr kulturelles Niveau.